Roadtrip mit Auto, Rad und einigen Bergpässen

Anderthalb Monate ist mein Urlaub jetzt schon wieder her und ich komme erst jetzt dazu, etwas darüber zu schreiben. Leider hat der Job einen dann doch schneller wieder, als einem Lieb ist. Aber ich will euch trotzdem an meinem Roadtrip mit Auto und Rad teilhaben lassen. Aber warum eigentlich ein Roadtrip? Das kam so: Wieder mal zwei Wochen Urlaub ohne meine Frau – ein Jobwechsel ihrerseits hatte unsere gemeinsamen Urlaubspläne auf eine Woche Rhodos im Mai zusammenschrumpfen lassen. So war ich also auf mich alleine gestellt und musste sehen, wie ich die 14 Tage fern der Arbeit am sinnvollsten verbringen konnte. Seit 2012 bin ich nun jeden Sommer unterwegs gewesen (immer Frankreich, manchmal Italien oder die Schweiz, einmal auch Spanien), weil es durch Lernphasen und Prüfungen nie passte, dass meine Frau und ich gemeinsamen Sommerurlaub machen konnten. Dafür durfte ich wieder einmal Urlaub mit meinem Rad im Gepäck machen – auch schön, wenn man drauf steht.

Nach Dortmund-Eurobike in Friedrichshafen-Alleycat in Paris-Mittelmeer kurz vor Spanien-Cote d’Azur-Mont Blanc-Genf-Dortmund 2012, Dortmund-Alleycat in Paris-Ardeche-Mittelmeer-Mont Blanc-Italien-Korsika-Dortmund 2013, Dortmund-Red Hook Barcelona-Mittelmeer-Mont Ventoux-Dortmund wollte ich mir in diesem Jahr halbwegs was neues angucken… zur Abwechslung mal FRANKREICH. Um in das Land des Weines, des Baguettes und der Tour de France zu kommen, gibt es viele Wege. Ich entschied mich für folgenden: Dortmund-Oberstdorf-Zugspitze (österreichische Seite)-Stilfser Joch-Korsika-Toulon-Mont Ventoux-Lörrach-Dortmund. Ein kleiner Umweg und knapp 3.500 Kilometer mit dem Auto in zwei Wochen. Aber die waren es wert. Hier der Reisebericht. Außerdem gibt es jeweils ein Video von jedem großen Aufstieg (Stelvio und Mont Ventoux), welches ich mit der GoPro und 12 bzw. 30 Bildern pro Minute aufgenommen habe.

Dortmund – Oberstdorf – Zugspitze -Prad am Stilfser Joch

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Mit einem Umweg über Fulda (ich wollte mir Sneaker kaufen, die der Laden 43 1/2 dann leider doch nicht auf Lager hatte) ging es runter nach Süddeutschland. Natürlich hatte ich keinen Campingplatz im Voraus gebucht und so war der erste voll. Auf dem zweiten (in Oberstdorf) bekam ich dann ein Plätzchen und baute mein Zelt auf. Nach einem schnellen Bier ging es mit dem Rad – welches ich erst zwei Wochen zuvor gekauft und noch nie weiter als 30 km gefahren hatte – in die Stadt für ein Essen und Wein. Am nächsten Morgen ging es weiter zur österreichischen Seite der Zugspitze. Ich baute wieder das Zelt auf, erwischte die letzte Seilbahn auf den Gipfel und hatte 30 Minuten Zeit, das Panorama zu genießen und das erste Mal im Leben einen Selfie-Stick zu benutzen. Danach ging es wieder runter mit der Gondel. Nach Pool und Essen ging es fix ins Bett, denn – oh Wunder – am nächsten Tag musste ich früh raus. Durch Österreich ging es hoch auf den Reschenpass und damit nach Italien hinein. Mein nächstes Ziel hieß Prad am Stelvio Pass (Stilfser Joch). Denn genau den wollte ich am nächsten Tag hoch. Für alle, denen der Stelvio Pass nichts sagt, hier ein paar Zahlen:

  • Start bei 950 m über N.N. in Prad
  • Pass bei 2.758 m über N.N.
  • Durchschnittliche Steigung: 7,4%
  • Länge: 24,3 km
  • Climbbybike Ranking Difficulty Worldwide: Platz 120
  • 48 Kehren (nummeriert)

Um mich ein bisschen zu lockern und weiter an das neue Rennrad zu gewöhnen, fuhr ich rund um Prad eine lockere Runde und nahm zum Schluss die ersten paar Kilometer der Passstraße in Angriff. Verdammt, das tat schon nach drei Kilometern gemäßigter Steigung ziemlich weh in den Oberschenkeln.

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Stilfser Joch (Stelvio Pass)

Ich muss gestehen, ich war etwas nervös. Schon am Abend zuvor – nach den 20 km rund um Prad – hatte ich das erste Mal Bedenken, ob ich es überhaupt bis oben schaffen würde. Nach Nudeln und nur einem Bier (die Nervosität halt) ging es zeitig ins Zelt. Während der Nacht wachte ich mehrmals auf, weil ich dachte, der Wecker hätte geschellt. Am Morgen war ich dann etwas durch den Wind und ließ mir deshalb bei Kaffee und Croissants viel Zeit – am liebstens wäre ich einfach im Tal geblieben. Irgendwann fing ich dann aber doch an, mein Rad startklar zu machen und mich anzuziehen.

Die Trikottaschen voll mit Riegeln und Gels und zwei Flaschen am Rad ging es los, gegen 9.30 Uhr saß ich auf dem Rad und rollte die zwei, drei Kilometer bis zum Start der Passstraße. Dann ging es los, 5-6% Steigung waren super für die ersten paar Kilometer den Berg rauf, es machte richtig Laune, denn es war noch sehr wenig Verkehr auf der Straße und die Wärme hielt sich in Grenzen. Nach einiger Zeit passierte ich die erste richtige Kehre (Nr. 48). Von dort an wird runter gezählt. Ich glaube, ich habe noch nie so lange gebraucht, um von 48 bis 1 runter zu zählen. Und ich hatte dabei auch noch nie solche Schmerzen. Die Steigung hatte mittlerweile zugenommen, mit Spitzen um die 12% in den Kehren, meist waren es aber so um die 7-8%, was auch schon gut in die Beine ging. Ich versuchte alle 500 Meter einen Schluck zu trinken und ab und an ein Gel zu mir zu nehmen. Bei KM 10 machte ich erstmal Pause und legte mich in den Schatten. Die Sonne war hinter den Wolken rausgekommen und es wurde langsam richtig warm.

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Bei KM 15 dann wieder eine Pause (es sollten noch einige kommen, bevor ich oben ankam) und die Flaschen an einer bewirtschafteten Hütte nachgefüllt – für 4,50 Euro für einen Liter Wasser. Von dort aus konnte man schon die Gebäude oben auf dem Stilfser Joch sehen, doch noch waren es knapp 20 Kehren, die noch mal richtig weh taten. Nach Kehre 4,3 und 2 machte ich jeweils eine kurze Pause, weil meine Beine krampften. Kehre 1 musste dann noch mal fotografiert werden – und auch hier massierte ich den Krampf noch mal weg. Dann ging es die letzten 500 Meter hoch zur Passhöhe und es war geschafft. Ich war mordsglücklich, meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an und die Bratwurst mit Sauerkraut und die Cola oben auf dem Stelvio schmeckten unfassbar gut.

Es war mittlerweile oben so warm, dass ich mich gegen die Windjacke für die Abfahrt entschied und einfach so wieder runter ballerte. Ich nahm allerdings die andere Seite des Berges, denn die Straße nach Prad war mittlerweile voll mit Radlern, Motorradfahrern und Leuten, die ihrem Porsche mal zeigen wollten, was eine richtige Passstraße ist. Der ruhigere Weg runter führte aus Italien heraus in die Schweiz, später im Tal verließ man dann wieder die Schweiz und war abermals in Italien. Verrückt. Nach 65 km und insgesamt 2.437 hm war ich dann irgendwann nachmittags, nach einer gefühlten Ewigkeit, wieder am Campingplatz. Nach einer Dusche gab es nur noch eins für mich: ab in den Pool, essen, Bier und schlafen.

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Prad am Stilfser Joch-Savona-Korsika-Toulon

Den nächsten Tag ließ ich ruhig angehen – der Berg steckte mir noch ziemlich in den Beinen. Nachdem ich alles abgebaut hatte, ging es noch mal nach Prad rein, um einen Kaffee zu trinken und das kostenlose WLAN im Café auszunutzen. Um 20 Uhr abends musste ich erst an der Fähre in Savona sein. Um ein bisschen Geld zu sparen hatte ich mir bei der Übernacht-Überfahrt die Kabine gespart, wie viele andere auch. Die besten Plätze im Inneren des Schiffs waren daher schnell mit Isomatten und Schlafsäcken belegt. Ich wollte aber eh an Deck schlafen und fand eine gute Stelle unter einem Rettungsboot. Erstaunlicherweise habe ich sogar ein paar Stunden am Stück geschlafen. Um 6 Uhr morgens legte die Fähre in Bastia auf Korsika an. Da ich meine Freunde dort erst sehr viel später am Tag treffen würde, machte ich mich schon mal auf den Weg in die grobe Richtung unseres Campingplatzes. Und wieder einmal vergaß ich, wie groß Korsika ist. Nach knapp 100 Kilometern hielt ich an, setzte mich in das einzig geöffnete Café eines Dorfes und wartete, bis der Supermarkt um 8.30 Uhr aufmachte.

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Endlich französisch einkaufen – 1664-Bier, Käse, korsische Salami. Es war ein Traum. Weiter ging es zum Campingplatz, auf dem ich glücklicherweise drei Plätze nebeneinander und direkt am Fluss besetzen konnte. Später am Tag kamen dann die anderen und der Korsika-Urlaub konnte für mich beginnen. Ich hätte in der Umgebung jeden Tag Radfahren können, aber mir war nicht danach. Also gab es nur einen „Ausflug“ über 15km und knapp 1.000 hm zum Col Bocca de Larone und zurück. Daneben gab es Flusswanderungen, gutes, einfaches Essen und reichlich Bier. Nach fünf Tagen war dann aber auch schon wieder Schluss mit Korsika. Es ging wieder auf die Nachtfähre, diesmal nach Toulon an der Cote d’Azur – und ich erwischte sogar einen Platz im Inneren des Schiffes, wo ich es mir auf Teppich gemütlich machen konnte. Am darauffolgenden Morgen kam ich um 7 Uhr in Toulon an und machte mich auf den Weg zu meinem letzten Ziel, dem Mont Ventoux. Vorher bog ich noch in Cassis ab, einem ehemals kleinen Fischerdorf, welches jetzt ein eher touristisch geprägter Ort mit Yachthafen ist. Am Strand aß ich mein Croissant und genoss den französischen Kaffee, bevor ich eine Bootstour durch die Calanques (Felsbuchten/Fjorde, in die man mit dem Schiff einfahren kann) machte. Danach ging es auf die Autobahn und ab nach Bedoin am Mont Ventoux. Hier hatte ich meinen Urlaub um einen Tag verkürzt, denn ich war so früh da, dass ich noch am Pool rumhängen und einkaufen konnte und am nächsten Morgen dann die Auffahrt von Bedoin hoch auf den Mont Ventoux starten konnte. Um 7 Uhr morgens sollte es losgehen, so dass ich gegen 11 Uhr wieder am Campingplatz sein und direkt alles zusammenpacken und weiterfahren könnte. Nach einem typisch französischen Gedeck (Picon-Bier und Perrier) und Pasta mit Tomatensoße ging es wieder mal früh ins Bett, denn der Wecker sollte um 6 Uhr klingeln.

Hoch zum Mont Ventoux

  • Start bei 238 m über N.N. in Bedoin
  • Pass bei 1.912 m über N.N.
  • Durchschnittliche Steigung: 7,6%
  • Länge: 21,4 km
  • Climbbybike Ranking Difficulty Worldwide: Platz 203

Der Wecker schellte tatsächlich um 6 Uhr und ich begann direkt, mich fertig zu machen. Ich wollte schnellstmöglich auf den Ventoux, um nicht in die Hitze zu kommen. Für den Tag waren 35 Grad angesagt, schon um 9 Uhr solltet das Thermometer auf über 28 Grad steigen. Also saß ich um 7 Uhr im Sattel und kurbelte die ersten zwei Kilometer bei 2-3% Steigung locker weg. Dann kamen weitere vier Kilometer, die selten über 6% waren. Von da an bis zum Kilometer 14 sollte es dann richtig hart werden, die Steigung sank nicht mehr unter 9%, in der Spitze waren sogar 12 % über ein paar hundert Meter drin. Kurz vor dem Chalet Renard wurde es dann etwas „flacher“ und ich machte eine kurze Pause (die zweite mittlerweile), bei der ich mich mit einem Belgier unterhielt, der das Wort „fixed“ auf meinem Trikot erkannte und selbst nur Single Speed fuhr (außer hoch auf den Ventoux, dazu hatte er sich ein Rennrad geliehen).

Nach einem Riegel ging es sechs Kilometer. Ziemlich direkt nach dem Chalet hörte die Vegetation auf, die die ersten Sonnenstrahlen noch abgehalten hatte und ich fuhr in die „Mondlandschaft“ ein, die den Mont Ventoux so besonders macht. Diese Gegebenheiten machen den Ventoux aber auch besonders windig und sonnig – was ich beides zu spüren bekam, um 8.15 Uhr morgens war es schon beachtlich warm am Berg. Bis zum Denkmal für den Rennradfahrer Tom Simpson, der während einer Tour de France-Auffahrt 1967 dort verstarb, versuchte ich noch ein bisschen Stoff zu geben, danach waren die Akkus meiner Beine alle und ich kroch den letzten Kilometer hoch bis zum Gipfel. Trotz der Anstrengungen war ich glücklich, es diesmal von der richtigen Seite (2014 war die Bedoin-Seite wegen eines Filmdrehs gesperrt) hoch geschafft zu haben. Über Malaucene sollte es zurück gehen, was sich als Glücksfall herausstellte, denn sie hatten vor kurzem diese Seite des Berges neu asphaltiert und so konnte man wunderschön rollen lassen. 20 Kilometer bergab, mit ordentlich Speed und nur sehr wenigen Pedalumdrehungen – herrlich. Neben dem Gefühl, welches einen oben auf dem Gipfel überkommt, wenn man es geschafft hat, ist die Abfahrt das schönste.

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In Malaucene angekommen, beschloss ich direkt weiterzufahren und über den 425 Meter hohen Col de la Madelleine zurück nach Bedoin zu fahren. So kamen noch ein paar Höhenmeter dazu und ich war gegen 11.30 Uhr wieder am Campingplatz, packte zusammen und machte mich auf den Weg zurück in die Heimat.

Fazit

Irgendwie kommt man immer den Berg hoch, selbst wenn man (wie am Stelvio) die ein oder andere Pause machen muss. Der Weg ist das Ziel und wenn man nicht mehr kann, dann trinkt man etwas, isst einen Riegel, macht eine Pause, legt sich hin und fährt weiter, wenn es wieder geht. Darum liebe ich es, alleine unterwegs zu sein. Knopf im Ohr, die Lieblingsmusik läuft, die Kilometer spulen sich langsam ab und dann steht man oben. Das ist – was das Radfahren angeht – eines der besten Gefühle.

Stelvio ist ein harter Pass, vor allem im Vergleich zum Ventoux. Gefühlt habe ich auf den ersten paar Kilometern des Stelvio Passes mehr gelitten als auf den 21,4 Kilometer, die ich den Mont Ventoux hochklettern musste. Den Climbbybike-Ranking-Unterschied (Stelvio 120./Ventoux 203.) unterschreibe ich direkt. Trotzdem würde ich beide noch mal fahren. Den Ventoux, weil er einfach ein unvergessliches Erlebnis ist und es drei Wege hinauf gibt, von denen mir einer noch fehlt. Den Stelvio, weil ich es beim nächsten Mal schneller, besser, mit weniger Pausen, ohne Krämpfe, was auch immer, schaffen möchte. Vielleicht bekomme ich ja nächstes Jahr noch mal die Chance.

Autor: John-Sebastian Komander/ Finde ihn bei Google+

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